Fahrzeugbau:
Schritt für Schritt vom Vorbild zum Wunschmodell
An dieser Stelle möchte ich, grob umrissen, anhand von Bildern zeigen, wie ein Fahrzeugmodell im Maßstab 1:22,5 entsteht. Dies richtet sich vor allem an diejenigen, welche sich selbst an den Eigenbau wagen wollen oder einen der hier zu erwerbenden Teilesätze zusammenbauen möchten.
Vorarbeiten
Der erste Schritt zum Eigenbau ist die Wahl eines geeigneten Vorbildes.
Für den Selbstbauanfänger empfehlen sich hier kleine, kantige Zweiachser, um sich mit der Materie des Eigenbaus vertraut zu machen.
Anschließend stellt man Nachforschungen nach Plänen und Zeichnungen für den entsprechenden Fahrzeugtyp an.
Denn Maßstäblichkeit ist das A und O! Schon bei leichten Abweichungen kippen die Proportionen und das Fahrzeug wirkt nicht gefällig.
Solche Zeichnungen finden sich schon sehr oft im Internet oder in Büchern bzw. Zeitschriften.
Von vielen Fahrzeugen gibt es sogar vollumfängliche Zeichnungssätze zu kaufen.
Z.B. bietet Horst-Dieter Hettler eine Vielzahl exakter Zeichnungen für Vollbahnfahrzeuge an.
Natürlich gibt es auch immer wieder Maße, die zwar aus den meisten Zeichnungen nicht hervor gehen, aber auch nicht einfach übergangen werden können. Hier lautet die Lösung: Nachmessen am Vorbild.
Ein Beispiel hierfür ist die nach innen gestellte Frontscheibe des klassischen DÜWAG-Wagens.
Dazu habe ich für meine zahlreichen DÜWAGs am RHB-Tw 1018 Maß genommen.
Mit einer Tapete wurde das nach innen gewölbte Teil abgeklebt, abmarkiert und ausgeschnitten.
Auf einen dunklen Packpapierbogen aufgeklebt, ließ ich das Teil im Copyshop durch einen Großscanner laufen.
Im Computer wurde das Bauteil nachgezeichnet und auf 1:22,5 verkleinert, um es so aus Messingblech herausfräsen zu können.
Darüber hinaus sind beim Selbstbau Detailfotos sehr hilfreich.
Insbesondere Dachaufbauten, Innenausstattung oder Fahrwerksbereiche lassen sich mit Hilfe dieser Bilder einfacher nachempfinden.
Die Planung
Nun kann die eigentliche Planung beginnen:
Als erstes müssen hierfür alle Maße in den Maßstab 1:22,5 umgerechnet werden.
Anschließend werden alle Einzelteile durchgeplant und gezeichnet. Heute erfolgt dies am Computer. Hierfür nutze ich CorelDraw. Das ist zwar kein „echtes“ CAD-Programm, kann aber von der Planung der Teile in der für mich erforderlichen Tiefe bis hin zum Gestalten der Lackierung und Beschriftung alles. Zudem ist es nahezu selbsterklärend es lässt sich in unzähligen Dateiformaten abspeichern.
Bevor ich über eine CNC-Fräse verfügte, mussten diese Teile auf Sperrholz übertragen und mit der Laubsäge ausgeschnitten werden.
Wenn alle Teile geplant sind, werden diese am Computer zu einer neuen Zeichnung zusammengesetzt.
So kann sicher gegangen werden, dass alle Teile genau zusammenpassen.
Nachdem die Planung aller Teile steht, ist auch der Materialbedarf auszumachen.
Viele Materialien wie Holz oder Plexiglas gibt es im Baumarkt relativ günstig im Zuschnitt.
Als Holz verwende ich stets MDF, Stärke 3 mm. Es hat im Gegensatz zu „echtem Holz“ den Vorteil, dass es keine Maserung hat und sich auch nicht verzieht. Außerdem lässt es sich wesentlich leichter verarbeiten.
Persönlich nutze ich für den Holzzuschnitt Bauhaus oder OBI.
Kunststoffe beziehe ich über den Architekturbedarf in Langenhagen.
Dort ist auch eine große Auswahl an Holz- und Messingprofilen erhältlich, die für den Modellbau sehr nützlich sind. Eine ähnlich gute Auswahl, insbesondere für holzfreien Chroma-Zeichenkarton bietet Gerstaecker, der in Karlsruhe über ein umfangreich bestücktes Ladengeschäft verfügt.
Die jeweiligen Einzelteile werden nach Materialien aufgeteilt und als HPGL-Dateien abgespeichert.
Mittels des kostenlosen Programms BoCNC erfolgt eine Radiuskorrektur. Leider scheint dieses wohl nicht mehr verfügbar zu sein. Wer eine Alternative kennt, kann es mich gerne wissen lassen ;-)
Die Radiuskorrektur ist wichtig, denn der Fräser hat in der Regel einen Durchmesser von 3 mm und muss daher immer - je nach Innen oder Außenradius – um diese 3 mm versetzt laufen. Hierbei wird ebenfalls die Fräsreihenfolge festgelegt.
In einem weiteren Planungszug werden die Teile vorbereitet, die gelasert werden sollen.
Sie müssen im Zeichenprogramm nach Farben sortiert werden, womit festgelegt wird, was im ersten oder im zweiten Rang geschnitten bzw. geritzt wird.
Der Laser arbeitet, sehr komfortabel, direkt mit der .cdr-Datei von Corel Draw. Einen eigenen Laser habe ich jedoch nicht, kann jedoch hin und wieder den eines Modellbaukollegen mitnutzen.
Anfertigen der Einzelteile
Das Fräsen erfolgt nach Materialien getrennt. Dabei werden zuerst die Polystyrolteile gefräst.
Für diese Anwendungen müssen die Fräser noch frisch und scharf sowie der Absaugungsfilter frei sein.
Denn das Polystyrol, welches so viele positive Eigenschaften im Bau hat, neigt bei unsauberen Fräsern zum Klumpen und Schmieren, welches ganze Werkstücke zerstören kann. Es erfordert auch eine ständige Überwachung des Fräsprozesses.
Es hat sich auch bewährt darauf zu achten, dass der Fräsmotor beim Fräsen des Polystyrols etwas innerhalb der Halterung drehen kann und dass der Auffangbehälter und der Filter der Absaugung frei und sauber sind.
Im zweiten Rang werden Messingteile gefräst, im dritten solche aus Acrylglas.
Zum Schluss folgen die Holzteile. Für Fräsarbeiten in MDF können Fräser fast beliebig verschlissen sein.
Baubeginn
Anschießend liegt eine Vielzahl von Bauteilen vor, die nach Baugruppen sortiert werden müssen.
Ab hier erfolgt der eigentliche Bau eines Fahrzeuges. Dies ist auch der Moment, bei dem der Käufer eines Teilesatzes in den Bauprozess einsteigt.
Liegen die Rohteile vor, müssen noch alle Materialien und Zulieferteile beschafft werden, welche darüber hinaus für das fertige Modell benötigt werden. Sicherlich kann man (nicht ich) Glühbirnen von Mund blasen oder einen Motor selbst wickeln.
Man kann sich diesen Aufwand aber auch sparen und alles hinzukaufen, was am Markt verfügbar und mit dem Vorbild des Modells vereinbar ist.
Liegt etwa keine besondere Bauform des Antriebs (wie z.B. beim TM36 der Berliner Straßenbahn) vor, empfiehlt sich der Kauf von handelsüblichen Motorblöcken, etwa von LGB oder USA-Trains.
Benötigt man etwas maßgeschneidertes kann man zumindest auf handelsübliche Motoren mit fertig aufgezogenen Schnecken, Ritzel oder Radsätze zurückgreifen.
Bei solchen „Funktionsteilen“ setze ich soweit möglich immer gerne auf „Ware von der Stange“. Diese ist verfügbar, leicht austauschbar und meist solide.
Dies gilt insbesondere auch für Stromabnehmer. Hier setze ich in der Regel auf die bewährten und soliden Modelle von Sommerfeldt. Diese lassen sich auch teilweise anpassen oder adaptieren. Nur wenn es sich nicht vermeiden lässt, z.B. bei Scherenstromabnehmern mit zweibeiniger Unterschere, greife ich zum Eigenbau.
Lyra- und Stangenstromabnehmer lassen sich einfach aus Messingprofilen herstellen, die es im Architekturbedarf gibt.
Zusammengefasst sollte man sich im Zukauf folgende Dinge noch auf die Einkaufsliste setzen:
Viele Quellen sind auch auf meiner Link-Seite zu finden.
Während des Herstellungsprozesses müssen die Werkstücke über kleine Stege im Raster gehalten werden. Daher müssen im ersten Schritt die Bauteile entgratet werden. Dann werden die Großteile zum Rohbau zusammengefügt.
Der Bauablauf - kurz und bündig
Der Ablauf des Bauprozesses ist kurz gefasst wie folgt:
Arbeitsorganisation
Ein wesentliches Augenmerk sollte beim Selbstbau auf der Arbeitsorganisation liegen.
Um langem Überlegen nach dem nächsten Schritt oder Versuchen aus dem Wege zu gehen ist es nötig die Handlungsweisen vorher durchzudenken und ggf. zu Papier zu bringen.
Dies sollte auch während des Baufortschritts gemacht werden. So hat man immer im Blick welche Arbeiten noch ausstehen und kann eine Abarbeitungsfolge festlegen.
Dabei sollte auch immer berücksichtigt werden, dass man immer etwas zu tun hat.
Bei einem solchen Bau sind Pausen an einzelnen Komponenten durch Trockenzeiten (Klebstoffe, Lacke) unvermeidbar. Diese Pausen können mit Arbeiten an anderen Baugruppen sinnvoll überbrückt werden.
So können während der Klebstoff am montierten Wagenkasten trocknet, beispielsweise die Sitze montiert werden. Diese stehen dann später nach dem Lackieren zum sofortigen Einbau bereit.
Auf diese Weise erreicht man beim Modellbau schneller sein Erfolgserlebnis und hat mehr Spaß am Hobby.
Das ist zumindest meine subjektive Einschätzung :-)
Beschriftung
Wenn ein Fahrzeug fertig gestellt ist, muss es noch beschriftet werden.
Hierzu erstelle ich in Corel Draw einen Beschriftungssatz, der in ein PDF umgewandelt wird.
Besser ausgestattete Copyshops können diese Beschriftungssätze vom PDF auf Klebe- oder Klarsichtfolien aufdrucken.
Für meine Modelle nutze ich hierfür den Ausdruck- und Kopierservice Mayer in Mannheim.
Eine weitere Möglichkeit der Beschriftung sind Nassschieber-Beschriftungen (Decals), welche anschließend mit Klarlack versiegelt werden. Bei weißen, beigen, silbernen oder goldenen Beschriftungen ist dies sogar der einzig mögliche Weg. Solche Decals bietet Andreas Nothaft an, der diese auch individuell nach eingereichten Corel-Vorlagen druckt.
Zierstreifen können auch als cdr.-Datei erstellt werden. Sie können bei Werbegrafikern über einen Schneidplotter auf Klebefolie im passenden Farbton ausgeschnitten werden.
Bauberichte konkreter Fahrzeuge poste ich regelmäßig in den gängigen Foren, wie etwa Buntbahn oder dem DSO-Modellbahnforum.
Diese Berichte sind auch in der Sammlung meiner bisherigen Projekte verlinkt.
Einsatzgebiete der fertigen Fahrzeuge können Sie hier (klick) finden.
Bei Interesse an einem fertigen Modell werden Sie hier fündig.